Der mit dem Jaguar tanzt
Es gibt so Tage, da sollte man lieber im Bett respektive auf seiner Bambusmatte liegen bleiben. Das ist aber gar nicht so einfach, wenn gerade ein Haufen übel gelaunter Maya-Krieger im Walddorf einmarschiert, sämtliche Behausungen in Brand steckt und anschließend wenig zimperlich zur Tötung bzw. Gefangennahme des Stammes übergeht. Am Tag zuvor konnte Pranke des Jaguars (Rudy Youngblood) nach erfolgreicher Jagd noch seinen zeugungsunfähigen Freund Von kleinem Geist (Jonathan Brewer) mit dem angeblich Potenz steigernden Verzehr von Tapirhoden veräppeln, doch jetzt steht ihm mächtig Ärger ins Haus – oder Hütte. Der erste unwillkommene Gast wird flugs durch Fausteinsatz wieder ins Freie befördert, Frau und Kind in einem nahe gelegenen Erdloch deponiert und dann wird erstmal ein ernstes Wörtchen mit den üblen Spießgesellen geredet, die gerade den Herrn Papa vermöbeln.
Es kommt, wie es kommen muss, Pranke des Jaguars wird überwältigt und mit den restlichen Dorfbewohnern in die ziemlich imposante Stadt der Fieslinge verschleppt. Dort angekommen machen die Gefangenen bald Bekanntschaft mit einem im Accord arbeitenden Kopfschlächter. Es herrscht eine verheerende Dürre, und da man von Regentänzen, wie sie die rothäutigen Kollegen auf dem nördlich benachbarten Kontinent praktizieren, nichts zu halten scheint, sollen nun Pranke des Jaguars und Konsorten zwecks meteorologischer Einflussnahme der Enthauptungsprozedur überstellt werden. Doch jetzt hat Pranke des Jaguars endlich mal Glück. Kurz bevor der Mayapriester ihn im wahrsten Sinne des Wortes einen Kopf kürzer macht, rettet ihn ein gleichsam seltenes und spektakuläres Naturereignis.
Anschließend gelingt ihm sogar die Flucht, wobei er allerdings den Sohn des ziemlich großen und dolle starken Kriegers Leitwolf (Raoul Trujillo) über den Jordan schicken muss. Klar, dass Leitwolf die Ermordung seines Stammhalters gar nicht witzig findet und mit einigen Kameraden die Verfolgung des Übeltäters aufnimmt. Fortan ist Pranke des Jaguars sozusagen der RUNNING MAN, der all seine Dschungel-Skills ausspielen muss, um seinen Häschern zu entkommen. Ach und dann hatte er seine Familie ja noch in diesem Loch geparkt…
Mel Gibson ist ein Experte für Leid. In BRAVEHEART ließ er sich noch selbst alias William Wallace ziemlich übel auf dem Schafott zurichten und mein lieber Herr Gesangsverein in DIE PASSION CHRISTI definierte er den Begriff auf schockierende Art quasi neu. Auch in APOCALYPTO wird viel gelitten, allerdings lockert Gibson die Daumenschrauben im Vergleich zum Jesus-Martyrium dann doch merklich, und das Wichtigste: der Zuschauer muss bei diesem Film nicht leiden! Das ist alles andere als selbstverständlich für einen Film, der ausschließlich in der Mayasprache Yucatec gehalten ist. Doch die Sprache dient dem Zweck einer möglichst authentischen Inszenierung ebenso wie der Verzicht auf bekannte Darsteller. Die fantastische Ausstattung von APOCALYPTO tut ihr Übriges, um eine nahezu perfekte Illusion zu erzeugen. Handwerklich ist dem Film rein gar nichts vorzuwerfen und auch die Besetzung kann voll und ganz überzeugen.
Inhaltlich steht vor allem in der ersten Hälfte der Untergang der Maya im Vordergrund. Nicht umsonst beginnt der Film mit einem Zitat von W. Durant: „Eine große Zivilisation lässt sich nur von außen erobern, wenn sie sich von innen schon selbst zerstört hat“. So präsentiert sich die Mayastadt denn auch als ein Moloch, das gleichzeitig von Armut und Dekadenz zerfressen zu sein scheint, das von Angst, Gewalt und Hass durchströmt ist. Der zweite, rasantere Teil steht ganz im Zeichen der Überwindung von Angst und dem Hinauswachsen über sich selbst. Beides wird am Ende sinnvoll zusammen geführt sowie ansprechend und glaubhaft präsentiert, mit einer Leidenschaft, die wohl nur durchgeknallte und polarisierende Menschen wie Mel Gibson an den Tag legen können.
Das Alles ist unterhaltend, spannend und einigermaßen anspruchsvoll, zu einem Klassiker reicht es aber leider nicht ganz.
Apocalypto
Frei ab 16
Laufzeit: ca. 138 Min.
Wertung: 8 von 10
anspruchsvoll?
langsam
die dorfgemeinschaft
Der Dorfdepp
in bezug auf
stimmt schon
Generell will der Film ja hauptsächlich den Untergang der Maya nachzeichnen, und das gelingt meines Erachtens mit der Darstellung innerhalb der Stadt ziemlich gut.