Mittwoch, 15. November 2006

Wo steht das deutsche Kino?

Es ist schon bemerkenswert, wie stark sich unterschiedliche Kulturen auch heute noch beispielsweise in Form von Kinofilmen widerspiegeln. Splatter-Comedy wie in Shawn Of The Dead und Severance wäre kaum in einem anderen Land denkbar als in England. Der extrem experimentierfreudige Zelluloid-Alptraum Irreversibel ist ungefähr nach 1 Minute eindeutig als französisches Werk enttarnt und das grandiose Drama Das Meer in mir kann als Paradebeispiel für das stark nach vorne drängende spanische Charakter-Drama (vgl. auch Volver und La mala educacion) dienen. Selbst kleine Länder wie Norwegen (Elling), Dänemark (In China essen sie Hunde, The Good Cop, Italienisch für Anfänger) und Schweden (Dogville, Dancer In The Dark) haben teilweise mehr zu bieten. Und Deutschland?

Otto, Bully und der Tatort?

Sind wir das Land, das sich vor allem durch komödiantische Bankrotterklärungen wie 7 Zwerge oder die Bully-Filme auszeichnet und dessen erfolgreiche Regisseure sich vornehmlich in den USA mit hirnlosen Special-Effekts-Feuerwerken austoben (Emmerich, Petersen)? Über deutsche Komödien lacht außerhalb Deutschlands niemand, während englische Filme wie Tatsächlich Liebe oder 4 Hochzeiten und 1 Todesfall weltweit Erfolg haben. Ein waschechter Thriller mit Edel-Optik wie die französische Produktion Die purpurnen Flüsse scheint in Deutschland undenkbar. Wenn hierzulande ein Thriller entsteht, dann kommt das Endprodukt nicht über Tatort-Niveau hinaus (siehe Antikörper). Und statt eines wirklich witzigen und wirklich blutigen Severance gibt es in Deutschland die im wahrsten Sinne des Wortes hirntote Nacht der lebenden Loser. Also einpacken und aufgeben? Deutsche Film im Arsch?

7-zwerge traumschiff

Hoffnungsschimmer

Nicht wirklich. Auch hier geht schon so Einiges, auch wenn man manchmal mit der Lupe suchen muss und es dem Ausland fast nie auffällt. Hoffnung macht zum Beispiel Fatih Akin. Der Regisseur und Drehbuchautor (Kurz und schmerzlos, Im Juni, Solino, Gegen die Wand) gilt zurecht als einer der talentiertesten deutschen Regisseure und wird gerne als Galleonsfigur der gelungenen Integration türkischstämmiger Menschen missbraucht. gegen-die-wandAkin kommt mit seinen Filmen zwar nicht an die Coolness eines Tarantino oder Guy Ritchie heran, aber er hat seinen eigenen, faszinierenden Stil, hat ein Gespür für gute Dialoge und kann Geschichten erzählen. Jeder seiner bisherigen Filme ist gelungen bis richtig gut.

Dann wäre Oliver Hirschbiegel (Das Experiment, Der Untergang, Ein ganz gewöhnlicher Jude) zu nennen, der vielleicht zur Zeit angesagteste deutsche Regiesseur. Seine Filme sind inhaltlich und optisch auf hohem Niveau und auch international viel beachtet. Momentan dreht Hirschbiegel in Hollywood am Remake von The Visiting mit Nicole Kidman. Es bleibt zu hoffen, dass er die Mühlen des Mainstream unbeschadet übersteht. Ähnliches gilt für Tom Tykwer (Lola rennt, Heaven, Das Parfüm), der die enorm hohen Erwartungen nach dem Lola-Erfolg noch nicht so recht bestätigen konnte, mit Das Parfüm aber einen besonders in optischer Hinsicht beeindruckendes Werk abgeliefert hat.

das-parfum der-untergang

Die derzeit wohl interessantesten deutschen Regisseure sind jedoch Christian Zübert (Lammbock, Der Schatz der weißen Falken), Marcus Rosenmüller (Wer früher stirbt, ist länger tot, Schwere Jungs, Beste Zeit) und Hans-Christian Schmid (23, Requiem, Lichter). Zübert ist mit Lammbocklammbock einer der witzigsten und gleichzeitig intelligentesten Filme der letzten Jahre und mit Der Schatz der weißen Falken eine beeindruckende Hommage an Rob Reiner´s (This is Spinal Tap) Stand by me gelungen. Schmid lieferte den hervorragenden Kultfilm 23 sowie die sehr gelungenen Dramen Lichter und Requiem ab. Rosenmüller kreirte quasi eine neue Form des "Heimatfilms", der trotz - oder gerade wegen - des bayerischen Akzents bundesweit für Begeisterung sorgt. Der Kino Dauerbrenner Wer früher stirbt, ist länger tot etwa ist eine so herzensgute und gleichzeitig bissige Komödie, dass man sich ihrem Charme auch als Dialekthasser nicht entziehen kann.

Last but not least...

Und es gibt weitere Talente. Oskar Roehler etwa hat sich durch Agnes und seine Brüder sowie Elementarteilchen hervorgetan, Dani Levy konnte mit Alles auf Zucker! punkten und arbeitet derzeit an dem spannenden Projekt Mein Führer, mit Helge Schneider als Adolf Hitler. Wolfgang Becker hatte enormen Erfolg mit dem gut gemachten Good Bye Lenin!, Florian Henckel von Donnersmarck mit Das Leben der Aderen, Marcus Mittermeier mit Muxmäuschenstill und Mennan Yapo mit Lautlos.

lautlos muxmaeuschenstill

So trostlos wie gerne behauptet steht es also gar nicht um den deutschen Film. Auch wenn dieser Vorwurf angesichts der enormen Erfolge von filmischen Totalausfällen in Deutschland auch nicht völlig von der Hand zu weisen ist. International hinkt Deutschland der Konkurrenz aus England und Frankreich weit hinterher und droht ebenso von einigen Skandinavischen Ländern (Dänemark, Norwegen, Schweden) und Spanien überholt zu werden. Teilweise ist dies durch extrem schwache Produktionen berechtigt, teilweise wird das deutsche Kino zu kritisch gesehen.

anna25bell - 15. Nov, 16:25

das war mal ein interessanter Beitrag und gleich auch noch Danke für den Tipp diesen "Lammbock Film" werde ich mir ansehen :-)

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